Gerhard F. Hering

Journalist, Regisseur und Theaterintendant
Geboren 28.10.1908
Gestorben 12.4.1996
Mitglied seit 1968

Herr Präsident, verehrte Mitglieder dieser Akademie, geehrte Damen und Herren,

Vorstellung, wurde angekündigt, neuer Mitglieder. Die Vorstellung, das träfe den einen Aspekt meines Berufes. Sie ist, wenn man für das Theater arbeitet, herzustellen im größeren Teil des Jahres Abend um Abend. Ereignet sich ein lokaler Unfall, gibt es einen Druckfehler, dann wird aus dem o ein e und wir haben außer dem Schaden auch den Spott.

Die öffentliche Vorstellung, das könnte in der mildesten Form sein: die Selbst-Recension. In einer schon bedenklicheren, um auf die Formel jenes wunderbaren deutschen Dichters anzuspielen, der auch verhungerte, weil die deutsche Kritik ihn nicht erkannte: das könnte also sein, der Nachlaß bei Lebzeiten oder der Versuch, ihn zu ordnen. Es ließe sich schließlich verstehen als das, was unter anderen der große Bachofen vorbereitete und an seinem Grabe verlesen ließ: den Nachruf auf sich selbst. In jenem Falle etwas, worin Wörter die Materie des Marmors annahmen. Der, den Sie hier gebeten haben, sich an Sie zu adressieren, hat die holde Freude, das Dreierlei seiner Arbeit in den Wörtern ge- und verbunden zu sehen, um nicht zu sagen besiegelt. Wer inszeniert, nimmt die Wörter vor, die Worte, die Sätze. In seinen schönsten Sekunden träumt er den Traum der Dichter nach. Wer vom akademischen Katheder die Praxis seines Berufes in der Theorie vorträgt, die ja nicht weniger sinnlich ist als die Praxis, insofern sie eine Anschauung meint und vermitteln möchte und in ihr allerdings die geistige Anstrengung des Begriffs: auch er trachtet danach, sich auszukennen und auszudrücken in den Wörtern. Schließlich der Schreibende – nun... Der Schreibende. – Ist er kein Recensent mehr, sondern nur noch ein Gegenstand der Recensionen, so schenkt ihm außer dem Nachbarn Karl Krolow, Ihrem Herrn Vizepräsidenten – vielmehr, ich erschrecke, jetzt ja auch dem meinen – kaum jemand ein Buch. Ich gelange an dergleichen auf eine Weise, die für erlauchte Akademiker als Empfänger von Besprechungsexemplaren scharf an das Absurde streift. Ich kaufe sie. Auch ältere übrigens, wie sich herumgesprochen hat. In einem dieser gekauften fand ich eine hübsche Geschichte. Sie spielt unter vier Freunden in Wien (hinter erdichteten Namen wären sie zu finden im Prolog zu einem Dramolett, betitelt »Der Thor und der Tod«.). Er erschien lange nach dem Tode des Dichters und steht leider bis heute noch keiner gesonderten Ausgabe dieses Textes voran; in diesem Prolog hat Hofmannsthal, in der zarten Bescheidenheit, die einige von uns an ihm immer ergreifen wird, sich als den letzten geschildert; ihm vorauf Richard Beer-Hofmann, Arthur Schnitzler und Felix Salten. In einem Augenblick der Emphase, merkwürdig bei einem Redakteur des Feuilleton, meinte Salten: Was sind wir doch für gute Freunde! Lakonisch dagegen Beer-Hofmann: Was heißt schon Freunde! Wir machen uns einander nur nicht nervös.

Ich habe Ihnen zu danken, wenn Sie erlauben, daß ich im Lichte dieses Wortes nun in Ihren Reihen Platz nehme.