Thomas Gloning

Sprachwissenschaftler
Geboren 7.1.1960
Mitglied seit 2021

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Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Gäste

ich danke sehr herzlich für die Aufnahme in diesen Kreis und will in der kommenden Zeit gerne schauen, wie ich mich nützlich machen kann. Akademien sind ja nicht nur Quellen der Ehre, sondern vor allem auch Stätten der Arbeit. Ich will die fünf Minuten neben der Vorstellung auch dafür nutzen, das eine oder andere Gesprächsangebot unterzubringen.

Geboren wurde ich im Januar 1960 in Lauffen ob Rottweil, einer ländlichen Gegend im Südwesten Deutschlands. Dem Leibniz-Gymnasium in Rottweil verdanke ich viele sprachlich-literarische Anregungen, die vor allem von zwei Lehrern ausgingen. Einer ist noch im Leben, und ich habe mir fest vorgenommen, ihm in den nächsten Wochen zu schreiben. Lehrer und Lehrerinnen können ja sehr oft nicht verfolgen, was aus den jungen Leuten wird im Leben und was die Früchte ihrer Arbeit sind.

Meine Jugend war auch geprägt von ausgedehnten Radtouren, vor allem in Frankreich, dessen Sprache, Kultur und Lebensart ich bis heute verbunden bin, zusammen mit meiner Frau. Und dann der Sport: Ich war ein hochgradig erfolgloser Kunstturner, ein etwas erfolgreicherer Langstreckenläufer, ich war Ruderer und eine Weile auch Alpinist, aber dafür hatte ich zuviel Angst. Insgesamt habe ich manches ausprobiert und auch wieder aufgegeben, nicht nur im Sport.

In Tübingen habe ich Deutsch und Sport auf Lehramt studiert. Vielleicht wäre ich heute Schul-Lehrer irgendwo im Schwarzwald, wenn nicht ein DFG-Forschungsprojekt zur Sprache der ältesten deutschen Zeitungen des 17. Jahrhunderts dazwischen gekommen wäre. Gleichzeitig habe ich eine Dissertation über Fragen der Bedeutungstheorie geschrieben. Zwei grundverschiedene Baustellen! Aber in der Rückschau war das sehr gut für mich und für meinen Kopf.

So begann der wissenschaftliche Lebensweg mit Stationen in Tübingen, Gießen, Marburg, Wien und zuletzt dann wieder Gießen, wo ich bis heute als Sprachwissenschaftler lehre und arbeite. Gerd Fritz, bei dem ich 1980 das erste Seminar belegte, hat viele meiner wissenschaftlichen Schritte begleitet, wofür ich sehr dankbar bin.

Gesprächsforschung, Textorganisation, Multimodalität, Sprachgeschichte und vor allem das weite Feld der Wortschatzentwicklung und des (auch literarischen) Wortgebrauchs sind Themen, die mich seit langem beschäftigen. Ich darf sagen: Ich habe einen sehr schönen und vielfältigen Beruf, nicht nur thematisch, sondern auch menschlich. (Ich habe überlegt, ob ich diese kleine Rede so anfange: „Zugegeben: Ich bin Insasse einer deutschen Universität ...“. Aber dieser etwas billige Witz mit der Grass-Anspielung hätte viel Reparatur-Arbeit erfordert, um meine tatsächliche Wertschätzung für die Universität und meine Universität zum Ausdruck zu bringen.)

Die Arbeit im Weinberg der Wörter verbindet mich mit Wolfgang Klein und Andreas Gardt, beide Mitglieder dieser Akademie, und mit aktuellen lexikographischen Projekten, die sich eng auf die Ziele der Deutschen Akademie beziehen lassen. Beim Nachdenken über mich musste ich feststellen, dass ich eine Sammlernatur bin. Ich sammle vor allem Bücher und elektronische Texte, letztere habe ich auf einer großen Festplatte in meinem Rucksack immer bei mir (komfortabler als die Büchersäcke der iro-schottischen Mönche im frühen Mittelalters!). Neben anderen Dinge sammle ich auch Anekdoten.

Eine davon geht so und damit möchte ich schließen: Als ich zehn Tage nach dem Anschlag auf die Twin Towers 2001 mit einer deutsch-israelischen Forschungsgruppe nach Pisa fliegen sollte, hatte ich große Bedenken ein Flugzeug zu besteigen. Beide Töchter waren noch klein, ich wollte ihnen erhalten bleiben. Marcelo Dascal, Leibniz- und Kontroversenforscher, sagte lakonisch und mit seiner tiefen Stimme zu mir: „Thomas, you mean their next target will be a propeller machine to Pisa?“ Das hat mich schlagartig entspannt. Und vielleicht noch diese: Als ich einmal auf dem Flur im germanistischen Institut in Wien Wendelin Schmidt-Dengler mein Leid mit dem fehlenden Platz für Bücher klagte, ich nannte damals die Zahl 10.000 – heute sind es mehr −, sagte er nur: „Ja, 10.000 Bücher hat man schnell beisammen“.

Ich danke Ihnen allen.