Heinz Piontek

Schriftsteller
Geboren 15.11.1925
Gestorben 26.10.2003
Mitglied seit 1969

Georg-Büchner-Preis
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Herr Präsident, meine Damen und Herren,

ich danke Ihnen herzlich für die Aufnahme in Ihren Kreis. Es ist bei Ihnen so Brauch, daß sich neue Mitglieder selbst vorstellen. Sich vorstellen, heißt: sich zu erkennen geben. Dies, denke ich, setzt voraus, daß man sich selber kennt. Aber weiß ich, wer ich bin?

Wenn ich etwas Bestimmtes über mich herauszubringen versuche, stoße ich auf Unbestimmtes. Gewiß, ich habe einen Namen, der amtlich ist. Doch den zu murmeln und zu verschwinden, reicht hier nicht aus. Sie möchten mehr wissen. Dieses »Mehr« aber – wie ich es auch drehe und wende – wird, sobald ich es zu fixieren beginne, unwahrscheinlich; ich verstricke mich in Widersprüche. Ein Wort aus dem »Schwierigen« fällt mir ein: »Ich verstehe mich selbst viel schlechter, wenn ich red«. So könnte ich mich also bestenfalls hypothetisch äußern und Ihnen deutlich machen, was Sie längst wissen: daß unser Sprechen, über Lebende oder Tote, etwas sehr Fragwürdiges bleibt – allen Bemühungen, Klarheit zu schaffen, zum Trotz.

Herausgeber von Lexika, Essayisten und Kritiker sind – wenn ich zur Debatte stehe – keineswegs so skeptisch, sondern geben Auskunft über mich, indem sie erklären: Das steht fest. Soll ich es wiederholen? Sie aus zweiter Hand bedienen? Vielleicht stellt sich ein Autor noch am glaubwürdigsten durch das vor, was er macht. Ich möchte es mit einem neuen Gedicht tun. Es heißt

Die Bienen

Tiere die in Sprichwörtern vorkommen
Beispiele für Arbeitsteilung

Von Kopf bis Fuß in wetterfestem Pelz
darunter ein Panzer

Ihre Werkzeuge sind präzis
und leistungsfähig

Zweihundert Flügelschläge
in der Sekunde

Eigentlich Waldtiere
die ungezähmt an unsrer Seite leben

Mit Drohnen Räubern Schöngeistern
kennen sie kein Mitleid

Jeder Staat muß ein stehendes Heer
von Bienen haben (Sprengel)

Vollkommen geeignet für die Aufgaben der Zukunft
im Gegensatz zum Menschen

gehen sie in ihren Funktionen auf
handeln unsentimental

immer im Sinne der Gesellschaft
wissend der Himmel ist leer

und nehmen den Tod hin
ohne zu fragen