Philosopher and educationalist
Born 27/6/1882
Deceased 17/9/1963
Member since 1956
»Eduard Spranger, dem Philosophen, Pädagogen und Meister der Sprache, der in Werk und Leben die Lauterkeit des Denkens und der menschlichen Haltung bezeugt hat, der die Werte des Ererbten gewahrt hat und schützt, verleiht die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung als Ausdruck ihres Dankes die Ehrenmitgliedschaft«.
Ich empfinde die Ehre, die mir die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung erwiesen hat, mit Bewegung und schuldiger Dankbarkeit. Es ist zum Glück nicht üblich, bei solchen Gelegenheiten die Verdienstfrage aufzuwerfen. Wohl aber habe ich mich im stillen gefragt, um welcher Sache willen Sie mich in Ihren erlauchten Kreis hineingezogen haben. Sie widmen Ihre Arbeit unter anderem dem wichtigen Unternehmen einer Reform der Rechtschreibung. Vielleicht haben Sie gedacht, dafür sei ein Pädagoge gut zu brauchen. Aber ich gestehe Ihnen ungeachtet der Anwesenheit des Herrn Kultusministers Simpfendörfer: ich wäre völlig außerstande, irgend jemandem die Rechtschreibung beizubringen. Wenn ich so im Grundlegenden versage, kehrt das Recht des Fragens zu Ihnen, meine hochgeehrten Herren, zurück. Ich höre Sie ungeduldig sagen: »Was kannst Du denn, und wozu bekennst Du Dich?«
Unter alten Bildern findet sich oft außer dem Namen auch der Wahlspruch der dargestellten Persönlichkeit. Sollte ich einen Spruch wählen, der andeutet, worauf es mir bei meiner Lebensarbeit angekommen ist, so wäre es das Goethesche Wort:
Im Innern ist ein Universum auch.
Ich bin nicht geschaffen, den äußeren Kosmos zu erforschen, oder auch nur den großen Gedanken zu folgen, die darüber von bahnbrechenden Geistern unseres sonst vielfach fragwürdigen Zeitalters gedacht worden sind. Aber die Gestaltenfülle des Inneren habe ich zu studieren versucht. Diese Wendung zur Innerlichkeit bitte ich, nicht als Weltflucht zu betrachten, obwohl sie ihr historisches Vorspiel bei den alten Mystikern gehabt hat. Alle Gebilde des äußeren Kosmos, ja auch die der modernen Kulturwelt, sind im inneren Kosmos (im Mikrokosmos) repräsentiert, jedoch mit dem Zusatz, daß sie erst dort Bedeutung für den Menschen empfangen. Denn erst im Seelischen leuchten Werte auf, werden letzte Forderungen erfahren, finden Sinnentscheidungen statt. Um diese inneren Gesichte und ihre Wand- lungen hat sich meine Lebensarbeit bewegt, gleichviel, ob sie den Geheimnissen ein wenig auf die Spur gekommen sein sollte, oder nicht.
So mußte sie sich auch dem anderen Goethewort verschreiben:
Das Centrum findest du dadrinnen,
Woran kein Edler zweifeln mag.
Das Gewissen ist die Sonne, um die sich die Innerlichkeit des Menschen bewegt. Darauf immer wieder hinzuweisen, war der Kern meines pädagogischen Bemühens. Wir Deutschen haben diese Orientierung zeitweise verloren. Die innere Sonne wird nicht durch bloßen Augenaufschlag sichtbar. Es muß um sie gekämpft werden; und das bedeutet, um sich selbst zu kämpfen. Eine Akademie ist eine Gewissenspflegerin für ein ganzes Volk. Die Akademien mögen das Wahre und das Schöne unter sich teilen. Das Gute läßt sich nicht teilen. Auch ein Volk sollte nicht geteilt werden, wenn es sich zu seiner Gestalt des Guten emporarbeiten will. Das Gute aber besteht im Reinerhalten:
Die Sprache soll rein erhalten werden,
die geistige Tradition soll rein erhalten werden,
das Gewissen beim Handeln in die Zukunft soll rein bleiben.
In einer Akademie für Sprache und Dichtung geht es um
das Recht-Schreiben (nun aber in einem höheren Sinne!),
das Recht-Dichten, d. h. aus der Recht-schaffenheit heraus Dichten,
also auch um das Recht-Leben; denn alle Dichtung kommt aus dem Leben und mündet wieder in das gemeinsame Leben zurück.
Dies alles pflegt eine Akademie, damit eine Norm des Echten aufgerichtet sei, an der die Jugend sich aufrichte und so Gott will über ihre irrenden Vorfahren emporwachse.
So verstehe ich, meine hochgeehrten Herren, Ihre Zielsetzung. Ihr werde ich mich dienend und mit Stolz einordnen.