Writer
Born 16/4/1935
Deceased 5/5/2013
Member since 1978
Meine Damen und Herren, verehrte Akademie-Mitglieder, ich bedaure es aufrichtig, daß ich meinen Dank für die Ehre, die Sie mir seinerzeit durch die Wahl zum Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung erwiesen, erst so spät, gewissermaßen nach Jahren im Winter, hier zu sagen vermag.* Kann ja sein, daß es bei mir so lange dauert, bis ich Fuß gefaßt habe. Möglich, daß ich nun sicherer bin.
Wie kommt Literatur zustande?
Ganz einfach, es ist nur eine Fata aus dem Gebiet der Papierkörbe eben, indem du etwas nicht wegschmeißt bleibt etwas übrig was ein anderer (Mann Frau Kind Tier Pflanze) vielleicht zu lesen vermag wenn er sie es es vermöchte und immer vorausgesetzt man hat etwas gefunden eine Institution ein Verlagshaus welches einem den Bettel dann abnimmt und zwischen zwei Buchdeckel haut und dann hängt alles von den Buchhändlern ab, Gestalten wie Barbara, Helga die selber Bücher noch lesen und ihren Kunden begeisterte Zettel schreiben: dieses oder jenes oder beides müssen Sie lesen, das ist herrlich erschwindelt atemberaubend erlogen Mein Gott! wie das durch die Gehirnkammern und Herzräume geistert, wie die schönen Gefilde entstehen der Leser die Leserin oder beide zusammen zauberhafte Orte nicht nur erblicken nein im nächsten Moment darin traben von einer Ebene schon in die folgende, zwischendurch finstere klangvolle Wälder wo einem die bekannten oder unbekannten Wesen entgegentreten, welche man immer schon treffen wollte, andere mit denen man niemals gerechnet noch hat, Stars können mir natürlich gestohlen bleiben, lieber gehe ich durch ein vogelstrotzendes Wäldchen und treffe zum Beispiel auf einer Lichtung sämtliche Katzen die mir im Lauf meines Lebens begegnet sind, herrliche selbständige Katzen, das geht mit Thymian los und ich bin ein unmündiges Kind und andere minzen mich an, ich kann mich über alle lange verbreiten weil zu bestimmten Lebensabschnitten die besonderen Katzen gehören, in Rom die berühmten verwilderten Ausgrabungskatzen, da werde ich ausführlich drauf eingehen, wenn ich nach der Methode Gertrude Stein von einem ins andere Heft diese Sätze abschreibe und wieder verändere, hinzufüge verwerfe, ins Gebiet des Papierkorb gerate, was stets ein Segen für alle ist wie ich bemerke. Punkt. Wenn ich so schreibe und auch nach der Methode Gertrude Stein, vom Hundertsten ins Tausendste – Abschweifungen! die schönen Figuren Bögen und sanften Schwünge bereite wie in einem raffinierten Landschaftspark, auf kleinem Raum alles! aber auch alles! über tellurische Verhältnisse setzen, sehr ähnlich verhält es sich mit einem Stück Prosa, und wie ein unheimlicher Wasserfall rauschend im Nebel so verläuft auch das automatische Schreiben es strömt wie es strömt ich habe es täglich trainiert, es zu vollführen ist äußerster Lustgewinn, Schreiberin vergißt alles darbey, aber ich weiß nit immer ob ich es wirklich so will, eigentlich schätze ich solche knappen gegenständlicheren Stücke wie in seinerzeit Irrstern oder was ich später ausgestanzt habe, etwas das einen Anfang und dann einen Schluß hat, einen kleinen Aufbau und die gesetzte Spannung – solche Stückchen wie sie Herr Robert Walser gemacht hat Robert muß man doch stets betonen in diesem Lande in dieser Zeit, also ich übe das Strömen, die Leichtigkeit ein und später finde ich für mich: meine Bröselein dann doch in einem schönen Gebilde mit irdischen Weiten, die Erde, wenn auch meine, beschreibend, nicht mein Inneres fortwährend betrachtend, wenn das die Feder natürlich auch lenkt, aber ich will nicht mein Inneres abfotografieren weil ich mich auch nicht preisgeben will oder mich nicht außerordentlich finde höchstens den Blickwinkel noch ein gewisses zärtliches Schielen aber das ist bloß das Lachen zwischen den Zeilen.