Oswald Egger

Writer
Born 7/3/1963
Member since 2018

Das habe ich so noch gar nicht gesehen. – Ich komme von einem Berg, der eigentlich ein Tal ist, in Wirklichkeit ein Wald von Intervallen von allem, was falls ist, was aber nicht falsch sein kann ... und man muss ja den Mantel nicht größer schneiden, als man das Tuch hat. Es ist ja auch kein großer Wurf, wenn man etwas über den Haufen wirft, doch schon mit so einem Satz, aber einem ungeheuren, bestürzte mich Horaz: »Ich habe meinen Weg durch Nichts, das ist, gebahnt, wo kein Lateiner mir voranging« ... (so wurde ich von der Schule geschickt ... dann von noch einer, und dann noch und noch ...). Als wollte ich mich auf den Weg machen im Winter, wenn kein Weg da ist. Ich war wie ein im Winter weißer und im Sommer schwarzer Baumstrunk. – Bis ich auf einen weiteren Satz (von Jean Paul wohl) stieß: »Wenn wir heraushaben, warum uns die Dichter gefallen: so wissen wir das übrige auch.«
Meine Damen und Herren der Akademie, liebe Freunde, Kollegen, Kolleginnen, ob es wahr ist oder nicht, es ist immer das Gleiche, dass ich immer derselbe bin und dass es zwischen beiden zwei Gleichen immer mehr inzwischen wird, der Rede interieur, das heißt – ich kann von Glück reden. – Ich habe Eichen, ich habe nicht Erlen und Ulmen. Und wenn man mich auch Fichte nennt, bin ich mit einer Föhre nicht zu vergleichen.
Es gibt nichts, das es nicht gibt, und nichts, das ist. Dazwischen kommt, was immer dazwischen kommt, zur Sprache, und ereignet sichin- sich – insichdicht – das eine oder das andere, wie Augenblicksgötter im Wiesenlicht, wie ein Flächenblitz von Rissen in der Iris, die verfitzt sind und isterten ... mit viel Spiel zwischen den Zielen, eben bildlich, so wie der Pascher Sprache nur als umgedreht gewebte Schärpe zu lesen weiß, im Anagramm, und – das will ich gesehen haben, oder – was nicht gesagt ist – zu sehen wissen.
Wie eine Gleichung x-ten Grades, die viele Lösungen besitzt. Auch komplexe, in denen das Imaginäre erscheint, areale Areale. Aber man geht dann ja doch von sich aus, das heißt – Annahmen und Ahnungen kinderten auseinander (und behielten sich im Sinn), bis einmal Tag und Nacht zwei Jahre sind (eins und keins), und dass nichts vergeht, nichts bleibt, nichts folgt –
Denn genaugenommen meint: es war einmal – es war keinmal, nie, nirgends, denn was nicht sein kann, kann ja auch nicht anders sein (als das, was nie dagewesen sein wird). Und zwar – kann ein Satz so falsch sein, dass auch seine Verneinung falsch ist? Wenn ich behaupte: »Dieser Satz besteht aus sieben Wörtern«, liege ich ja genauso falsch, wie wenn ich einräume: »Dieser Satz besteht nicht aus sieben Wörtern«
– Nichtsdestotrotz – kann ich mir einen Berg ohne Tal denken, ein rundes Viereck, einen goldenen Berg? – Ja, unter den Umständen, und: ja, in der Annahme, und ja und nochmals ja, wenn ich aufhörte, was ich unter dem Ton einer Rede verstehe, zu verschwenden an die Verständigung –
Und
übel Berg und übel Tal müsste ich schon wissen, die Dinge voneinander zu ununterscheiden, und den Unterschied der Dinge zu erkennen – also etwas Verschiedenes davon, und dass dies aber nichts anderes ist, als das Nichtandere nicht ist. – So, als wollte ich zuerst in den Apfel beißen und ihn dann erst pflücken, und die eigene Ungeschicklichkeit dabei verwechselte ich mit einer Eigenschaft von Frucht und Baum, in dem ich die Menge meiner Mängel vermengte und dann erst ausmendelte.
– Ich kletterte in Ästen gleich dem Fädeln der Karauschenfische an der Wäscheschnur. Wie ein Hufbock seine, hob ich die Vorderbeine über einen großen Stein. In Kitzblau erhitztes Spritzwasser kraulschlack klabasterter Gelenke. Wie die Rinde der berindeten, dünnästigen Birken birst, bin ich: ein jetzt bauchiges Baumfass. – Ich taumle in Form des völligen Auseinanderbrechens eines Zauns. Wie eine Riege tanzt, ganz schwanger, nicht wahr: Der Wanst hat weder Spund noch Luke, das Fass muss ein Fuß sein! – Ich igelte mich ein, wie ein Iltisknauf zu einem Haufen. – Ich habe nicht übertrieben viele lustige Stieglitze gesehen. – Mein Hals kann eine Kette nicht tragen, ich bin dünner als ihr Faden.
Nicht ich gehe gegen Unendlich und höre auf, Gedichte zu schreiben, sondern das Gedicht hat aufgehört, ich »zu sein« – und unendlich ist es dort, wo Dinge vor sich gehen, die ewig nicht geschehen – die Rede erodiert, und die Erde erbt alles –
Und nur diese Lücke allein, wie Nichts, das ist, auf Lücke gesetzt, hüpft und nimmt sich selbst aus, stutzt und ununterbricht sich selbstdurchsetzt plötzlich, bis der Übergang fast überläuft zum Glück, dass es ihn gibt. – Denn nur von Sinnen sein ist nicht dasselbe, wie von Bedeutung nicht sein etwas ganz anderes nicht ist. – Aber genau das ist es, was meine Mutter immer sagte: Wenn alles so war, wie ich glaubte, dass es sei, konnte nichts so sein, wie es ist. Und wenn es Rosen sind, werden sie blühen. – Es braucht schon deshalb viele Worte um ein leeres, weil ein Scheit allein nicht brennt, weil es leichter ist, zwei Herde zu bauen, als auf einem immer Feuer zu halten. – Ich kann weder sagen, dass der Kuckuck Kuckuck schreit, weil ich in den Wald rufe, noch, dass ich in Wald rufe, weil es zurückschallt, wie wenn auf jedem Baum ein Kuckuck saß. – Und: ich sehe mich schon nicht sprechen, ich denke, jetzt ist es dann aber bald gleich soweit. – Aber ich bedanke mich bei der Akademie für Sprache und Dichtung für die einräumende Aufnahme, die mich sehr beehrt und sehr beschenkt und sehr sehr freut.