Das habe ich so noch gar nicht gesehen. – Ich komme von einem Berg, der
eigentlich ein Tal ist, in Wirklichkeit ein Wald von Intervallen von allem,
was falls ist, was aber nicht falsch sein kann ... und man muss ja
den Mantel nicht größer schneiden, als man das Tuch hat. Es ist ja auch
kein großer Wurf, wenn man etwas über den Haufen wirft, doch schon
mit so einem Satz, aber einem ungeheuren, bestürzte mich Horaz: »Ich
habe meinen Weg durch Nichts, das ist, gebahnt, wo kein Lateiner mir
voranging« ... (so wurde ich von der Schule geschickt ... dann von noch
einer, und dann noch und noch ...). Als wollte ich mich auf den Weg
machen im Winter, wenn kein Weg da ist. Ich war wie ein im Winter
weißer und im Sommer schwarzer Baumstrunk. – Bis ich auf einen
weiteren Satz (von Jean Paul wohl) stieß: »Wenn wir heraushaben,
warum
uns die Dichter gefallen: so wissen wir das übrige auch.«
Meine Damen und Herren der Akademie, liebe Freunde, Kollegen,
Kolleginnen, ob es wahr ist oder nicht, es ist immer das Gleiche, dass
ich immer derselbe bin und dass es zwischen beiden zwei Gleichen immer
mehr inzwischen wird, der Rede interieur, das heißt – ich kann von
Glück reden. – Ich habe Eichen, ich habe nicht Erlen und Ulmen. Und
wenn man mich auch Fichte nennt, bin ich mit einer Föhre nicht zu vergleichen.
Es gibt nichts, das es nicht gibt, und nichts, das ist. Dazwischen
kommt, was immer dazwischen kommt, zur Sprache, und ereignet sichin-
sich – insichdicht – das eine oder das andere, wie Augenblicksgötter
im Wiesenlicht, wie ein Flächenblitz von Rissen in der Iris, die verfitzt
sind und isterten ... mit viel Spiel zwischen den Zielen, eben bildlich,
so wie der Pascher Sprache nur als umgedreht gewebte Schärpe zu lesen
weiß, im Anagramm, und – das will ich gesehen haben, oder – was
nicht gesagt ist – zu sehen wissen.
Wie eine Gleichung x-ten Grades, die viele Lösungen besitzt. Auch
komplexe, in denen das Imaginäre erscheint, areale Areale. Aber man
geht dann ja doch von sich aus, das heißt – Annahmen und Ahnungen
kinderten auseinander (und behielten sich im Sinn), bis einmal Tag und
Nacht zwei Jahre sind (eins und keins), und dass nichts vergeht, nichts
bleibt, nichts folgt –
Denn genaugenommen meint: es war einmal – es war keinmal, nie,
nirgends, denn was nicht sein kann, kann ja auch nicht anders sein (als
das, was nie dagewesen sein wird). Und zwar – kann ein Satz so falsch
sein, dass auch seine Verneinung falsch ist? Wenn ich behaupte: »Dieser
Satz besteht aus sieben Wörtern«, liege ich ja genauso falsch, wie
wenn ich einräume: »Dieser Satz besteht nicht aus sieben Wörtern«
–
Nichtsdestotrotz – kann ich mir einen Berg ohne Tal denken, ein
rundes Viereck, einen goldenen Berg? – Ja, unter den Umständen, und:
ja, in der Annahme, und ja und nochmals ja, wenn ich aufhörte, was ich
unter dem Ton einer Rede verstehe, zu verschwenden an die Verständigung
–
Und übel Berg und übel Tal müsste ich schon wissen, die Dinge voneinander
zu ununterscheiden, und den Unterschied der Dinge zu erkennen
– also etwas Verschiedenes davon, und dass dies aber nichts
anderes ist, als das Nichtandere nicht ist. – So, als wollte ich zuerst in
den Apfel beißen und ihn dann erst pflücken, und die eigene Ungeschicklichkeit
dabei verwechselte ich mit einer Eigenschaft von Frucht und
Baum, in dem ich die Menge meiner Mängel vermengte und dann erst
ausmendelte.
–
Ich kletterte in Ästen gleich dem Fädeln der Karauschenfische an der
Wäscheschnur. Wie ein Hufbock seine, hob ich die Vorderbeine über
einen großen Stein. In Kitzblau erhitztes Spritzwasser kraulschlack
klabasterter Gelenke. Wie die Rinde der berindeten, dünnästigen Birken
birst, bin ich: ein jetzt bauchiges Baumfass. – Ich taumle in Form
des völligen Auseinanderbrechens eines Zauns. Wie eine Riege tanzt,
ganz schwanger, nicht wahr: Der Wanst hat weder Spund noch Luke,
das Fass muss ein Fuß sein! – Ich igelte mich ein, wie ein Iltisknauf zu
einem Haufen. – Ich habe nicht übertrieben viele lustige Stieglitze gesehen.
– Mein Hals kann eine Kette nicht tragen, ich bin dünner als ihr
Faden.
Nicht ich gehe gegen Unendlich und höre auf, Gedichte zu schreiben,
sondern das Gedicht hat aufgehört, ich »zu sein« – und unendlich ist es
dort, wo Dinge vor sich gehen, die ewig nicht geschehen – die Rede erodiert,
und die Erde erbt alles –
Und nur diese Lücke allein, wie Nichts, das ist, auf Lücke gesetzt,
hüpft und nimmt sich selbst aus, stutzt und ununterbricht sich selbstdurchsetzt
plötzlich, bis der Übergang fast überläuft zum Glück, dass
es ihn gibt. – Denn nur von Sinnen sein ist nicht dasselbe, wie von Bedeutung
nicht sein etwas ganz anderes nicht ist. – Aber genau das ist
es, was meine Mutter immer sagte: Wenn alles so war, wie ich glaubte,
dass es sei, konnte nichts so sein, wie es ist. Und wenn es Rosen sind,
werden sie blühen. – Es braucht schon deshalb viele Worte um ein leeres,
weil ein Scheit allein nicht brennt, weil es leichter ist, zwei Herde
zu bauen, als auf einem immer Feuer zu halten. – Ich kann weder sagen,
dass der Kuckuck Kuckuck schreit, weil ich in den Wald rufe, noch,
dass ich in Wald rufe, weil es zurückschallt, wie wenn auf jedem Baum
ein Kuckuck saß. – Und: ich sehe mich schon nicht sprechen, ich denke,
jetzt ist es dann aber bald gleich soweit. – Aber ich bedanke mich bei der Akademie
für Sprache und Dichtung für die einräumende Aufnahme, die
mich sehr beehrt und sehr beschenkt und sehr sehr freut.