Joachim Kalka
upps/hoppla

„Upps“ – diese Interjektion, als Titel einer Show Teil der Fernseh-Spaßmaschinerie, ist dabei, das bereits etwas altmodisch anmutende „Hoppla“ zu verdrängen. Sie ist ein Echo des amerikanischen „oops“, das einen etwas weiteren Bedeutungsbereich hat als „Hoppla“: Es gibt „Oops – I dropped it“, aber auch „Oops – almost forgot to post this letter“, was eher in die Richtung von „he“, „oh“, „Moment mal“, „Mensch“, „meine Güte“ zeigt.

Während „oops“ eine Sprachgeste ist, die aus dem Volk hervorgegangen ist, ist „upps“ ein kulturindustrieller, plakativ witziger Import. Immerhin kann man bei dieser Gelegenheit konstatieren, dass „hoppla“ ebenfalls aus der Unterhaltungswelt kommt, wenn auch natürlich in historisch völlig anderem und wiederum genuin volkstümlichem Kontext (Anfang, Mitte des 19. Jahrhunderts?), denn die gängigen Erklärungen („Imperativ zu hoppeln mit schallendem –a“, Wahrig 1986; „durch -a verstärkter Imperativ von hoppeln“, Duden 1989) sind unsinnig und zeigen, welche Fallgruben einer nicht hinreichend kulturhistorisch interessierten Sprachwissenschaft drohen. „Hoppla“ stammt aus der Variété- und Zirkussprache, es ist eine in den dort zelebrierten Nummern ritualisierte Präsentationsgeste. Der Umstand, dass in einem bekannten deutschen Schlager die Bestandteile dieser Interjektionspraxis aufgezeigt werden („Eh la hopp, eh la hopp, eh la hopp!“ in „O mein Papa“) hätte die Lexikographen eines besseren belehren können. „Hop là“ ist leicht in französischen Wörterbüchern zu finden (etwa Le Petit Robert, 1985, unter „hop“). Dieser Imperativ, Aufforderung zum Sprung oder ein allgemeines „Los jetzt!“, „Auf geht's!“, ist überall denkbar, verselbständigt sich im Zirkus (mit seinem internationalen gebrochenen Französisch oder Pseudo-Französisch – vgl. bereits die Jahrmarktsbudenszene im Woyzeck) zu einer Art genereller Ankündigung eines Spannungsmoments, eines Tricks, einer Überraschung, wenn er einem Artisten, einem Clown, einem dressierten Tier zugerufen wird oder der jeweilige Star selbst mit diesem Ruf einen Höhepunkt markiert. Von daher in die deutsche Alltagswelt als Begleitruf eines überraschenden Vorgangs (vielleicht zuerst in Berlin? – kein Hinweis bei Lasch).

Der Witz, sozusagen, des kollektiven sprachlichen Unbewussten zeigte sich noch vor einem halben Jahrhundert – heute ist die Usance verschollen – in der reflexhaften Koppelung von „Hoppla“ mit einem halbreimenden, als affektiert empfundenen Frauennamen (dessen Bekanntheit und zeitweise Beliebtheit wohl hauptsächlich auf Schillers Wallenstein zurückgeht): Als rituelle Ergänzung pflegte ein anderer Sprecher auf ein „Hoppla!“ anzufügen: „Thekla!“

„Upps“ scheint signifikant als Beispiel dafür, dass die einzelnen Sprecher eine von der Kulturindustrie dargereichte Originalitätsgeste bereitwillig übernehmen. Ob der Gebrauch stabil sein wird, weiß man nicht.

Joachim Kalka, Februar 2011