Georg-Büchner-Preis

The Georg Büchner Prize was first established during the Weimar Republic by the State of Hesse. Its purpose was to recognise writers, artists, actors and singers. It was first awarded in 1923 in the state capital, Darmstadt.
Since 1951 the new Büchner Prize has been awarded annually by the German Academy for Language and Literature. According to the charter of the Academy, it is given to authors »writing in the German language whose work is considered especially meritorious and who have made a significant contribution to contemporary German culture.«
The prize is awarded at a ceremony held during the autumn conference of the German Academy in Darmstadt.
The prize currently comes with an award of €50,000.

H. C. Artmann

Writer
Born 12/6/1921
Deceased 4/12/2000

... der in seinen Gedichten, Prosatexten, Theaterstücken und Übersetzungen aus mehr als einem Dutzend Sprachen ein Werk von unerschöpflichem Reichtum geschaffen hat...

Jury members
Juryvorsitz: Christian Meier
Giuseppe Bevilacqua, Elisabeth Borchers, Kurt Flasch, Peter Hamm, Norbert Miller, Adolf Muschg, Erica Pedretti, Klaus Reichert, außerdem Peter Benz (Stadt Darmstadt), Herman Dieter Betz (Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst)

Sprachlosigkeit

meine damen, meine herren,


das, worüber ich reden möchte, hat mit nichts als sprachlosigkeit zu tun; mit einer sprachlosigkeit im sinn einer abbildung, einer refelexion des realen in der spräche, mir geht es darum, der spur dieser meiner sprachverweigerung zu folgen, und diese spur hat einen anfang, nämlich den meiner mir zugeordneten biographie. wie sie alle wissen, prägen umfeld und kindheit. »manche leute werden auf flußpferden geboren, andere in betten, wieder andere auf gestampften lehmböden in strohbedeckten hütten – ich selbst kam auf einem baum... nahe dem weiler St. Achatz am Walde zur welt... ich bin das kind aus der Verbindung einer wildente und eines kukucks und verbrachte meine jugend in den dichten laubwildnissen der buche und linde...« die elterliche atmosphäre, in der ich aufgewachsen bin, war durch nichts intellektuelles bestimmt, ich meine damit: kein gymnasium, keine Universität, daher wohl mag meine bis heute andauernde furcht ‒ und mit ihr verbunden der damit gebührende respekt – vor einer gewissen sprache entstanden sein, wie auch gerade dieses paradoxon in kraft treten konnte, daß ich zu gleicher zeit bewundere und ablehne, was mir nie zugehörig war und sein wird aufgrund dieser prägung. diese gewisse sprache, sie bleibt mir fremd, und dieses fremde hat zu anderer zeit mit entgegengesetzten Zeichen auch büchner erfahren, der mir gerade deshalb sehr nah und fern zugleich ist. die verwandschaft, die ich zwischen ihm und mir herstellen möchte, ist die einer kritik am realen: die meine ist, über die phantasie das reale, wie es sich mir zeigt, zu bannen, büchners weg ist wohl gewesen, über die beschreibung des realen, wie es sich ihm gezeigt hat, es zu bannen, nun, er ein frühverstorbener des 19. und ich ein spätsterbender des 20. jhdts. veränderte Strukturen, veränderte merkmale, und doch der immergleiche widerstand eines subjekts zur weit, meine sprachlosigkeit über und sein sprechen mit dem realen, zwei Wesenheiten für das heimholen von leben an sich, der grenzgänger, er kann abstürzen und er kann weitergehen, die gratwanderung läßt beides zu.