Herausgegeben von Catherine Krahmer. Göttingen: Wallstein 2001. 574 S. Reihe Veröffentlichungen 77.
Briefe an Künstler und einflußreiche Personen des Kulturlebens − z. B. an Munch, Beckmann, Corinth, Hofmannsthal und Reifenberg − bezeugen den außerordentlich lebendigen Geist eines der einflußreichsten Kunstkritiker vom Anfang des 20. Jahrhunderts.
Julius Meier-Graefe, Sproß einer oberschlesischen Industriellenfamilie, entwickelte sich vom schreibenden Bohemien im Berlin der 1890er Jahre zum einflußreichsten Kunstkritiker und -historiker zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er war Mitbegründer der Zeitschrift PAN, zwischenzeitlich Vorkämpfer eines modernen Kustgewerbes, und verfaßte im Lauf der Jahre zahlreiche Monographien über ältere und zeitgenössische Kunst. Zugleich legte er auf Austausch und Aussprache allergrößten Wert: Seine Korrespondenz spiegelt die intellektuelle Biographie dieses lebendigen, humorvollen und leidenschaftlichen Geistes wider und gibt zugleich ein äußerst farbiges Bild des kulturellen Lebens der Zeit zwischen 1894 und 1935: Meier-Graefe korrespondierte mit Künstlern wie Edvard Munch, Max Beckmann und Lovis Corinth, hatte Kontakt zu einflußreichen Persönlichkeiten des Kulturlebens wie Paul Cassirer, Harry Graf Kessler, Benno Reifenberg, dem Dreigestirn der ›Insel‹. Bierbaum, Heymel und Schröder, den Verlegern Fischer und Piper − und tauschte sich mit zahlreichen Schriftstellern aus, u. a. mit Franz Blei, Richard Dehmel, Gerhart Hauptmann, Hugo von Hofmannsthal, Franz Werfel und Thomas Mann. Sein Eigensinn und sein Hang zur spitzen Polemik isolierten ihn mehr und mehr − sowohl in Deutschland als auch in Frankreich, wo er einen großen Teil seines Lebens verbrachte. Meier-Graefes Briefe sind die bewegende Hinterlassenschaft eines uneitlen Menschen, der sich oft unverstanden und einsam fühlte − und dem die Kunst alles bedeutete. Zudem sind sie ein großartiges Stück deutscher Briefliteratur voller Sprachkraft und Esprit.