Debates on Europe X

Sarajevo Debate on Europe

26.4. bis 27.4.2017

Fünfundzwanzig Jahre sind vergangen seit der Unterzeichnung des Maastricht-Vertrags 1992, mit dem zwölf Mitgliedstaaten die Europäische Union begründet und einen wichtigen Schritt hin zur europäischen Integration vollzogen haben. 1992 war auch das Jahr, in dem der Krieg in Bosnien und Herzegowina begann, der letzte Anstoß für das Auseinanderbrechen Jugoslawiens. Kurz zuvor war mit der Auflösung des sogenannten „Ostblocks“ auch die Grenze gefallen, die Deutschland und den gesamten (Sub-)Kontinent geteilt hatte. Neue Realitäten zeichneten sich damals am Horizont ab. Mit Ausnahme der Menschen auf dem Balkan schien allen, im Osten wie im Westen, ein Europa in Frieden, Wohlstand und demokratischer Freiheit auf einmal eine reale Möglichkeit zu sein.

Heute, im Jahr 2017, sind frühere Gewissheiten und Hoffnungen fraglich geworden. Es gibt kaum ein Land, in dem nicht Auseinandersetzungen über die künftige Haltung zur europäischen Staatengemeinschaft entbrannt sind. Aus der Utopie einer offenen europäischen Gemeinschaft scheint ein durch innere und äußere Bedrohungen gefährdeter Raum geworden zu sein und damit das europäische Projekt selbst in Frage zu stehen. Eine Schlüsselposition kommt in vielen dieser Kontroversen dem Begriff der Identität zu. Er bietet – in seiner populistischen Reduktion auf etwas vermeintlich historisch, kulturell, religiös ganz Eigenes – eine scheinbar sichere Rückzugsposition. Die europäischen Demokratien sind in sehr unterschiedlicher Weise mit diesen Herausforderungen konfrontiert, die sich gegen die mit dem Projekt Europa einst verbundenen Hoffnungen auf eine Vielfalt in der Einheit in Stellung bringen.

Die „Sarajevo Debate on Europe“ will in einem offenen Gedankenaustausch Fragen nach den Schwierigkeiten und Chancen des europäischen Projekts nachgehen. Dabei bietet sich der Ort Sarajevo, die Hauptstadt Bosnien und Herzegowinas, an, um über das Miteinander von religiösen, kulturellen oder nationalen Identitäten zu sprechen, über den Umgang mit Konflikten und über die Rolle externer Einflüsse. Teilnehmen wird ein Kreis von Schriftstellern und Wissenschaftlern aus mehreren europäischen Ländern.

Die Veranstaltung ist Teil der Reihe „Debates on Europe“, die seit 2012 von der S. Fischer Stiftung, der Allianz Kulturstiftung und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung an wechselnden Orten des Kontinents organisiert wird. Seitdem haben Debatten in Budapest, Bukarest, Athen, Belgrad, Berlin, Narva, Minsk, Charkiw und St. Petersburg stattgefunden.

Partner der » Sarajevo Debate on Europe«:
Traduki
Goethe-Institut Bosnien und Herzegowina

Gefördert von:
Traduki aus Mitteln des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland

Dubravka Stojanovic
Serbia – The Avant-Garde of Populism

At last there is one thing that places the Balkans ahead of Europe! Populism. Ever since this word entered common parlance I had been preparing to tackle this subject and call primarily Serbia, and perhaps the entire Balkans, the avant-garde of populism. What a powerful feeling!

The beginning of populism in Serbia dates back to the early 1870s. Subsequently regimes of this sort were, with very short breaks, reproduced to this day.

What are the conclusions of our historical analysis? Ideology is irrelevant, it can be both right and left, but what is crucial is the collectivist sentiment that sops up every individual, obliterating all pluralism. A populist movement always speaks for the entire nation, and the possibility for someone to stay outside and think differently is excluded. This is a closed system that perceives everything outside itself as hostile, and that is why it is forced to build homogenization by inciting conflicts, which often leads to war. Fences are raised not so much against others, at least not at first, as for »us«, in order to push us closer together. From that point we no longer need institutions or laws, because they unnecessarily restrain the essential needs of our nation. This is why institutions break down or, if they survive, they do so with their substance completely transformed – abused, exploited and cheated.

I vividly remember the time when this happened in Serbia, after Milosevic took power in the late 1980s. I remember with dread, most of all, this general feeling that everyone was somehow relieved, like they all took off tight shoes. This is precisely what is most seductive and dangerous: this feeling that everything is possible. So how do you go against that? As in modern medicine – prevention. Prevent, at all costs, THIS from coming to power. And if it happens, then get ready to do it all over again. There’s no use crying over populism. It leaves nothing behind.