Forum Sprachkritik

Über das Forum Sprachkritik

Das Forum Sprachkritik versammelt und diskutiert Texte von Mitgliedern der Akademie, die sich mit Entwicklungen, Phänomenen und Auffälligkeiten der Gegenwartssprache befassen. Gegenstand dieser Sprachkritik ist der Sprachgebrauch auf allen Ebenen und in allen Bereichen.

Das Forum öffnet sich für alle Gattungen der Sprachkritik: Kleine Formen, Randnotizen, Skizzen, Essays und sprachkritische Untersuchungen. Es lädt ein zu Beiträgen, die gleichermaßen unterhaltend und aufklärend, kurzweilig und nachdenklich sein können.

Das Forum wird getragen von der Auffassung, dass Sprachkritik keine Normen setzt und nicht den Anspruch erhebt, über »richtig« und »falsch« im Sprachgebrauch entscheiden zu können und zu wollen. Vielmehr will es Beispiel und Anregung zur Sprachreflexion sein und durchaus die Implikationen aufzeigen, die ein bestimmter Sprachgebrauch mit sich bringen kann. Die einzelnen Beiträge werden namentlich gekennzeichnet und geben stets die Position der Autorin oder des Autors wieder, nicht aber die der Akademie.

Das Forum Sprachkritik knüpft an das zwischen 2010 und 2016 bereits bestehende gleichnamige Format an.

Kommentare

Das Forum Sprachkritik freut sich über Kommentare von Akademie-Mitgliedern und interessierten Leserinnen und Lesern zu den Beiträgen. Das können Rückfragen sein, aber auch Widerspruch, Variation und Ergänzung. Kommentare sollten eher knapp gehalten und sachlich auf das Thema des Beitrags bezogen sein. Unsachliche, beleidigende und auch strafrechtlich bedenkliche Kommentare können nicht veröffentlicht werden. Kommentare werden mit Ihrem Verfassernamen veröffentlicht.

Bitte schicken Sie Ihren Kommentar mit Angabe des Bezugstextes und Ihrer Kontaktadresse an die folgende E-Mail-Adresse der Akademie:

Wulf Oesterreicher
noch einen schönen Nachmittag

Sicherlich bin ich nicht der einzige Zeitgenosse, dem ein Typ einer seit einigen Jahren grassierenden, ritualisierten Verkäufer- oder Kellnerinnen-Freundlichkeit ziemlich auf die Nerven geht. Man kann keine Zeitung kaufen, kein Bier bestellen, keine Butterbrezel kaufen, ohne dass man ‚Wünsche für einen schönen Tag’ entboten bekommt. Man hat den Eindruck, dass „Einen schönen Tag noch!“ vielleicht bald flächendeckend das traditionelle „Auf Wiedersehen“, „Guten Tag“ oder „Auf Wiederschauen“ ersetzen könnte.

Es gibt beim „Einen schönen Tag noch!“ sogar eine interessante, anbiedernde ‚Aufgipfelung’, die die angesprochene Person eigens sprachlich fokussiert, was dann Folgendes ergibt: „Noch einen schönen Tag für Sie!“, „Einen schönen Nachmittag für Sie!“ oder „Noch einen schönen Abend für Sie!“.

Man braucht hier gar keinen Einfluss des Englischen anzunehmen, wo die Formulierungen „Goodbye to you”, „Good morning and a good day to you” seit langem weit verbreitet sind. Auch in den Zügen der Bundesbahn wird man inzwischen entsprechend freundlich auf Englisch verabschiedet; und dies gehört bekanntlich in den Kontext der zurecht ironisierten Formel „senk ju for trewelling wis Deutsche Bahn“...

Interessant ist im Englischen übrigens die ebenfalls verbreitete Verwendung der freundlicheren Form des Abschiedsgrußes „Goodbye“ (gern auch an Supermarkt-Kassen!), nämlich „Have a nice day!“. Letzteres wird aber offensichtlich auch in folgendem Fall verwendet: Man lässt jemanden stehen und beendet eine unerfreuliche Unterhaltung oder Auseinandersetzung mit dieser Formulierung − die pragmatische Bedeutung ist dann etwa ein ‚Lass’ mich doch in Ruhe!’ oder ‚Sie können mich mal...’. Dies wäre ironisch mit einem „Einen schönen Tag noch!“ zwar auch im Deutschen zu machen, ist aber noch eher selten...

Sehr bemerkenswert ist in unserem Gesamtzusammenhang übrigens die Beobachtung, die mir ein befreundeter anglistischer Kollege mitteilte, der in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten viel herumgekommen war. Es gab damals in Amerika schon einen Auto-Aufkleber, auf dem geschrieben stand:

DON’T TELL ME WHAT KIND OF DAY TO HAVE!

Wulf Oesterreicher, März 2013

Möchten Sie den Beitrag kommentieren? Schicken Sie uns Ihre Meinung, wir veröffentlichen sie nach redaktioneller Prüfung.