Sigmund-Freud-Preis

STATUT

§ 1
Der Sigmund-Freud-Preis für wissenschaftliche Prosa zeichnet seit 1964 Gelehrte aus, deren Werk nicht nur durch seinen geistigen Rang, sondern auch durch die Qualität seiner wissenschaftlichen Prosa besticht.

Der Preis wird getragen von der ENTEGA Stiftung und ist aktuell mit 20.000 EUR dotiert. Er wird jährlich im Rahmen der Herbsttagung verliehen.

§ 2
Der Sigmund-Freud-Preis wird vergeben für herausragende Beiträge zur Entwicklung des Deutschen als Sprache der wissenschaftlichen Publizistik. Er wird für deutschsprachige Originalveröffentlichungen vergeben, die sich durch ihre wissenschaftliche und ihre stilistische Qualität gleichermaßen auszeichnen. Er kann Werke aus allen Disziplinen berücksichtigen.

§ 3
Das Vorschlagsrecht liegt in den Händen der Jury.

§ 4
Die Jury besteht aus dem Erweiterten Präsidium der Akademie.

Die Jury berät über die vorgeschlagenen Kandidatinnen und Kandidaten in einem mehrstufigen Verfahren.

Beschlossen vom Erweiterten Präsidium am 18. Februar 2021

Hans-Georg Gadamer

Philosoph
Geboren 11.2.1900
Gestorben 3.3.2002
Mitglied seit 1950

Er macht die Erinnerungskraft der Sprache fühlbar, die allein uns in den Stand setzt, das Gegenwärtige angemessen zu verstehen.

Jurymitglieder
Juryvorsitz: Präsident Peter de Mendelssohn
Vizepräsidenten Dolf Sternberger, Eva Zeller, Beisitzer Karl Krolow, Horst Rüdiger, Bernhard Zeller, Ehrenpräsident Gerhard Storz

»Gutes Deutsch«

Es ist eine alte Wahrheit, die in dem experimentier- und konstruktionsfreudigen Zeitalter einer sich selbst überschlagenden Aufklärung wenig beliebt sein mag, daß man nur durch Vorbilder lernt. Nirgends ist diese Wahrheit so unausweichlich und überzeugend wie dort, wo es um die Sprache geht, um Sprechen und Schreiben. Zwar scheint dort alles Konvention und Regelung, und so möchte man meinen, daß das vollkommene Erlernen der alle bindenden Konventionen und Regeln ein Vorgang ist, der allein und ganz und gar zum freien und selbständigen Gebrauch von Sprache und Schrift fähig macht. Vorbilder kann es doch dort nicht geben, wo Regeln regieren.
Nun ist es aber mit den Regeln – der Sprache, der Orthographie, der Interpunktion, und vielleicht noch mit manchem anderen, das unser Verhalten regelt – eine eigene Sache. Ist das, was unser Verhalten regelt, wirklich die Anwendung von Regeln? Oder formulieren sie eher ein totes Gerüst der Richtigkeit, dessen Leben sich uns in den Ausnahmen, den Abweichungen, den Wagnissen jenseits des Geregelten und Regelrechten bekundet? Wie schwer – ja widernatürlich – ist es doch, das Regelsystem der eigenen Muttersprache überhaupt zu erfassen. Unser Sprachgefühl weiß weit besser Bescheid, und es empfindet die Regel, auch wenn es sie bestätigt und ›befolgt‹, als eine unnötige Abstraktion. Die Grammatik mag für das Erlernen fremder Sprachen eine gute Hilfe sein, aber selbst in diesem Falle ist das nicht der natürlichste Weg des Lernens. Und vor allem: welcher Schriftsteller, auch so bescheidenen Anspruchs wie der ist, zu dem wir Gelehrten uns bekennen müssen, kennt nicht das Beengende, das von den Regeln der Sprache, der Grammatik, dem normierten Vokabular, der Orthographie und der Interpunktion auszugehen vermag! Wer hat nicht den Kampf gegen den Duden und den Setzer ungezählte Male verloren – sofern er nicht weise genug war, ihn gar nicht erst zu wagen.
Und wer hat wohl in der Schule wirklich schreiben gelernt – und nicht erst gegen die Schule, gegen deren Aufsatzstil und gegen das fürchterliche Übersetzerdeutsch, mit dem man sich dort aus didaktischen Gründen zu behelfen pflegt. Der schmale Spielraum, welchen uns die Sprachkonvention, die unser Sprechen oder Schreiben regelt, ohnehin nur läßt, wird überall dort, wo schulmäßig gelernt wird, nur mühsam verteidigt, und am Ende sogar weniger gegen diese Sprachnormen selbst als gegen das Zwangsvorbild von Stil, das die Autorität des Lehrers darstellt. Das gilt für die Schule aller Stufen, auch für die Hochschule.
Oder rede ich von vergangenen Zeiten autoritärer Erziehung und von ebenso vergangenen Zeiten, in denen das eigene Sprachgefühl und Stilempfinden an Vorbildern langsam heranwuchs, sich nährend aus den Schätzen des eigenen Gedächtnisses, das das lutherische Bibeldeutsch und ein reiches Repertoire dichterischer Sprachkunst in sich behielt? Hat die neue Ubiquität der geölten Rhetorik, die aus den Massenmedien tönt, die Sprachphantasie des heutigen Menschen austrocknen lassen und insbesondere, seit man im Auswendiglernen Repression erblickt?
Doch nein: der Antagonismus von Rhetorik und sprachlicher Kreativität hat von jeher bestanden. Es ist heute so wahr wie es von jeher war (und man darf doch wohl auf allgemeine Zustimmung rechnen), daß man Schreiben nur lernt, wenn man sich frei fühlt, und daß man sich nur frei fühlt, wenn man sich seine Vorbilder selber wählt. Wer kann meinen zu sprechen oder zu schreiben unter der Illusion, der erste zu sein, der da redet oder schreibt? Was Sprache alles kann, was Worte an Bildungen und Fügungen zulassen, wozu sie einladen, die »listigen Töchter, die vogelgestimmten« (um den Büchnerpreisträger dieses Jahres zu zitieren), all das lagert nicht als ungeformter Stoff von unbestimmter Beliebigkeit in einem Magazin. Es füllt vielmehr einen Spielraum aus, in dem es beständig hin- und herspielt, das Schon-Gesagte, das noch zu Sagende, das schon Gewagte, das noch zu Wagende. Die Kühnsten von allen sind natürlich die Dichter, deren Wagemut im Verwenden von Worten und Wendungen wir meistens folgen, ohne es zu wissen. Im Sprechen wie im Schreiben ist ja Vorbildnahme vorwiegend nicht bewußte Wahl, wie denn auch das Sprechen und Schreiben selber nicht so sehr im Wählen von Worten besteht, sondern darin, daß wir ihren Einladungen folgen. Wie weise ist doch die Sprache, daß sie von ›Wendungen‹ redet, von Tropoi: das sind Wege, die die Sprache eingeschlagen hat und die sich als solche zu neuer Verwendung anbieten. Freiheit ist darin und zugleich eine neue Festigung und Fügung, Wegwendung von einer bisherigen, Hinwendung zu einer anderen, neuen Richtung des Sagens.
Aber eben in diesen Vorprägungen und Vorbildhaftigkeiten und der Gefolgschaft, die das Vorgesprochene im Nachsprechen und Nachschreiben findet, liegt auf der anderen Seite die Verführung zum Ungenauen, Ungedachten, Ungefähren, die wir als ›Redensarten‹ bezeichnen und mehr oder minder ausgesprochen als ›bloße Redensarten‹ dem Redestehen und dem Einstehen für das Gesagte entgegensetzen. Diese negative, abtötende Wirkung der Vorprägung wirkt sich auch dort aus, wo Produktivität in Anspruch genommen wird. Bei dem schöpferischen Sprachkünstler bedeutet Nachahmung das Verfallen in den Ton von Vorbildern, das Verfehlen seiner selbst. Bei einem jeden von uns dagegen, der nur nachspricht – und wir alle sprechen, wenn wir reden, nur nach – und bei einem jeden, der zu schreiben weiß, ohne ein Dichter zu sein, wird der nivellierende Einfluß des Vorgeschriebenen und Vorgesagten erst recht wirksam. Zeichnet es doch die Prosa des Gedankens aus, daß sie sich ganz der Mitteilung des Gedachten widmet und ihr volles Bemühen darein legt, den Gedanken, und nicht die eigene Stilkunst, vorzuführen.
Das kennzeichnet die Lage, in der sich der Mann der Wissenschaft befindet. Wenn er gut schreiben soll, so kann das gewiß nicht heißen, daß er sich damit einer durchweg starren Norm unterwirft, weder der schulmäßigen Korrektheit, noch einem bestimmten Stilvorbild, noch auch einem bewußten Ideal von Stilkunst. Es gibt keine festen Normbegriffe überhaupt, wo es in der Wissenschaft um Reden und Schreiben geht. Wer etwa einen Blick auf unsere französischen Nachbarn wirft, weiß, daß noch heute die Anforderungen an Stilkunst und ihre Wertschätzung bei Forschern und Gelehrten dort weit höher liegen als bei uns. Was Buffon im 18. Jahrhundert nicht nur forderte, sondern selbst repräsentierte, die Einheit von gelehrter Prosa, die die histoire naturelle erzählt, und von littérature, war freilich auch dort eine bewegliche Größe, und so blieb auch er nicht vor der Kritik der nächsten Generation geschützt, die in ihm den ›parlier‹ sah. Aber was er in die berühmte Formel »le style c’est l’homme« gefaßt hat, ist gleichwohl eine über alle Zeitbedingungen überlegene Wahrheit. Wenn der Stil eines Autors im Felde der Wissenschaft Gedanken an Vorbilder und an Schulgerechtigkeit nicht hinter sich läßt, wenn die Kunst seines Schreibens nicht wie seine eigene Natur wirkt, hat er keinen Stil bzw. hat er die Freiheit zu seinem eigenen Stil noch nicht erreicht.
Gewiß, daß etwas wie Natur wirkt, ist selber dem Wandel der Zeiten, der Veränderung der Geschmacksideale und unserer Sensibilitäten, unterworfen. Der Stil, das ist der Mann – aber was ist der Mann? Eben nicht ein einfaches Naturwesen, das zur Reife heranwächst, sondern einer, der sich selbst bildet, und das in beständigem Versuchen, von spielender Nachahmung bis zur Prägung durch bewußte oder unbewußte Vorbildnahmen in Rede wie in Schrift. Aber dem Mann der wissenschaftlichen und der gelehrten Prosa sind besondere Beschränkungen auferlegt. Der Prosakünstler, der Erzähler vor allem, soll und will eine gewisse Kunst des Schreibens fühlbar machen. Er hat die Möglichkeit, einen eigenen Stil auszuprägen, wenngleich es immer ein Stil von einer gewissen Unmerklichkeit wird sein müssen. Auch der Schriftsteller, der Publizist und Essayist ist, hat solche Möglichkeiten und steht zwischen dem Dichter, bei dem der Eigenton alles ist, und dem Mann der Wissenschaft sozusagen in der Mitte. Aber was bleibt für den Mann der Wissenschaft? Die Antwort ist einfach und schwer:
Das nicht definierbare ›gute Deutsche‹! – ein dem Philosophen kaum erreichbares Ideal. Die Invektiven Schopenhauers gegen die mangelnde Weitläufigkeit der deutschen Philosophen sind wohlbekannt, und es ist wohl kein Leser, der mit dem Deutsch der Philosophen nicht seine Schwierigkeiten hat. Gewiß, an der Eleganz und Feinheit der Kantischen Sprache ist keine Kritik erlaubt – wohl aber das Eingeständnis geboten, daß Kants Stil bei aller Leichtigkeit und Lesbarkeit im Einzelnen an den Leser gewaltige und kaum zu leistende Anforderungen stellt, an seine Konzentrationskraft und an seine Fähigkeit, einem wahren Baumeister des Gedankens in seinen strengen und kühnen Aufbauten zu folgen. Wer wollte wagen, sich diesen Stil zum Vorbild zu nehmen? Aber auch Fichtes – dessen Erstling immerhin beim Erscheinen von den Zeitgenossen Kant selbst zugeschrieben wurde – fast prahlerische Denker-Rhetorik, selbst Schellings reizvolles Gemisch von trockener Scholastik und beseeltem Tiefsinn, ja selbst Hegels Beinah-Deutsch mit seinem überaus eigenwilligen und unverkennbar schwäbischen Pathos des Schockierens werden wir als Leistungen großer Stilisten gelten lassen und uns doch schwerlich zum Vorbild nehmen. Das Katheder scheint seine eigene Barbarei zu fordern und zu erzeugen, und gerade dieser kommt eine besondere Suggestionskraft zu, wie wir das etwa – über die Jahrzehnte und fast Jahrhunderte hinweg – bei manchen Hegelianern des 19. wie des 20. Jahrhunderts gewahren oder etwa bei dem Heidegger-Deutsch in der Philosophie zwischen den beiden Kriegen.
Überdies spielen bei den Männern der Wissenschaft die Arbeitsbedingungen der verschiedenen Wissenschaftsformen eine stilbildende Rolle. Für den Naturforscher ist im allgemeinen weder die ›Vorlesung‹, noch die große zusammenfassende Buchveröffentlichung das Zentrum seiner Arbeit. Für den ›Humanisten‹ dagegen ist das sehr oft der Fall, und das muß seinen Einfluß auf die Stilkunst im Bereiche der wissenschaftlichen Prosa ausüben.
Die akademische Rhetorik entfaltet dann eine eigene Prägekraft, die in den Stil der wissenschaftlichen Prosa hinüberwirkt. Es darf einer nicht einfach ein guter Redner sein, wenn er im akademischen Alltag seinen Mann stehen soll. Die Rhetorik der politischen Tribüne oder der Kanzel wirkt vom Katheder unerträglich. Umgekehrt nehmen sich gute akademische Redner im Parlament meist wie Damenredner aus. Innerhalb des akademischen Metiers – das darf ich in einem Kreise, in dem wir Professoren die Minderheit sind (oder sein sollten), unerschrokken aussprechen – wird die lehrhafte Komponente immer durchschlagen, selbst dann noch, wenn einer vom Katheder aus wohlstilisierte Texte vorträgt – wie Gundolf tat – und selbst dann noch, wenn er sich über den Stilunterschied zwischen guter Diktion einer Rede und der sprachlichen Mitteilung gelehrter Forschungsergebnisse ganz im klaren ist.
So ist es offenkundig, daß Lehre und Forschung auf den, der wissenschaftliche Prosa schreiben soll, von beiden Seiten einen gefährlichen Einfluß ausüben: das geduldige Auditorium sowohl wie die Esoterik der Forschergemeinschaft haben nicht vieles gemeinsam mit dem Leser, den man erst gewinnen soll. Daher scheint mir die Frage überhaupt nicht richtig gestellt, welche Vorbilder sich ein Mann der Wissenschaft unter den Meistern der Wissenschaft oder gar ein Philosoph unter den Meistern seines Metiers wählen sollte, um ein gutes Deutsch zu lernen.
Wenn ich es an meiner eigenen sprachlichen Bildungsgeschichte illustrieren darf: Die erste Berührung mit sprachlicher Kunst stellte damals doch wohl das Erlernen des Lateinischen und die Lektüre der ciceronianischen Reden dar. Das Festhalten eines logischen Baugesetzes über große Distanzen hin, wie es das Konstruieren und Übersetzen langer Perioden verlangt, erzieht zu einer ersten Distanznahme und damit zu einer ersten Freiheit im Gebrauch des Eigenen. Es ist mir eine offene Frage, wie sich die Kunst des Schreibens und der genauen Wiedergabe von Gedankengängen jüngeren Geschlechtern vererben wird, die durch diese Schule nicht mehr gehen.
Das Deutsch, das man in meiner Vaterstadt Breslau sprach, war in der bürgerlichen Welt ziemlich dialektfrei. Das galt damals als ein Gewinn, vor allem die Schule bestand darauf. Gewiß war es aber auch ein Verlust an Anschaulichkeit und an Kraft. Und das vor allem, wenn sich die ebenso kunst- wie leblose Schreibweise der gutbürgerlichen Zeitungen und Journale jener Jahre hinzugesellte, die mir in die Hand kamen. So war es über die Hintertreppe, durch die Zeitung der Dienstmädchen, daß ich die Theaterkritiken von Walter Rilla und Paul Rilla entdeckte, an deren Leichtigkeit und Grazie ich etwas von dem wiederfand, was ich schon länger bewundert hatte: die Prosa Lessings. Auch der gepflegte Stil des jungen Hermann Hesse und die kunstvolle Diktion des jungen Thomas Mann mögen dann in die gleiche Richtung gewirkt haben.
Aber das Eindringen in die Philosophie, in die Sprache Kants und des Neukantianismus, und überhaupt das Sich-Verheben an der Begriffslast, mit der einen die philosophischen Studien beluden, verlangten nach einer stärkeren Gegenwirkung. Sie kam mir vor allem von der großen deutschen Lyrik, die in meiner Jugendzeit den ganzen deutschen Sprachraum widerhallen ließ. Hofmannsthal, George, Rilke, und der damals erst in den Rang der Weltliteratur aufsteigende Friedrich Hölderlin, erinnerten beständig an die Evokationskraft, mit der Sprache ihre eigene Freiheit und Souveränität bezeugt, – und was könnte dem philosophischen Gedanken seine eigene Aufgabe besser vor Augen halten, ich meine: die Aufgabe, das zu zeigen, was nicht da ist und nie dagewesen ist, als die Sprache der Dichtung?
In Hölderlins Prosaentwürfen, diesen endlosen, sich in sich selbst verwickelnden Windungen der Reflexion, die ihr Ziel, ihre Folgerung und ihr Resultat immer erneut hinausschieben, so daß am Ende eine ganze Seite einen riesigen Vordersatz bildet, zu dem kein Nachsatz der Welt je ein ausreichendes Gegengewicht an Kraft und Bedeutung bilden konnte, wurde einem die Tragödie des begrifflichen Denkens lebendig vorgeführt, die man von sich selbst her nur allzu gut kannte. Auch die Dunkelgänge, in denen der von seinen Fragen getriebene Heidegger das Gestein der Sprache abklopfte, führten zu keinem lichten Tag gemeinsamer Helle herauf. Selbst des Freundes Max Kommerell kunstvolle Schreibweise konnte ich zwar bewundern, aber nicht der Aussagekraft des Begrifflichen anverwandeln wollen. Eher noch vermochte ich mich von dem Geist der Schwerelosigkeit erfüllen zu lassen, der mir an der Prosa Goethes vorbildhaft war und der mir manchmal in Nietzsche und in der gelehrten Variation der Nietzscheschen Stilkunst durch den meisterlichen Philologen, meinen persönlichen Freund Karl Reinhardt, wiederzukehren schien. Aber es sei mir erlaubt, hier auch einen Anwesenden zu erwähnen: Ich meine Dolf Sternberger, dessen Prosa mir durch Präzision und Lässigkeit zugleich einleuchtete.
Wenn der Weg von der lehrhaften Rede zur Kunst gelehrter und der Abstraktion des Begriffes gehorchender Prosa, die dennoch lesbar sein soll, zum Erfolge geführt hat, habe ich es der Reihe dieser hilfreichen Vorbilder zu danken. Daß mich die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung schon in ihren allerersten Jahren in ihren Kreis berief und jetzt gar durch die Verbindung mit dem Namen eines Sigmund Freud öffentlich auszeichnet, möchte mich glauben machen, daß mir der Ausgleich zwischen Begriff und Wort, zwischen der Kunst des Denkens und Lehrens und der Kunst des Schreibens einigermaßen gelungen ist. Dann wäre es also auch für den bescheidenen Fall der wissenschaftlichen Prosa wahr: Ars latet arte sua – durch ihre eigene Kunst hält sich die Kunst verborgen.