The »Johann-Heinrich-Voß-Preis für Übersetzung« (Prize for Translation) has been awarded by the German Academy for Language and Literature since 1958 for the »outstanding achievements in translation,« with a particular emphasis on the translation of literature into German.
The prize is awarded annually at the spring conference of the German Academy.
The Johann Heinrich Voß Prize has been endowed with €20,000 since 2002.
Journalist and Politician
Born 16/6/1921
Deceased 23/2/2011
... dessen hohe übersetzerische Kunst sich treffsicher und stilistisch beweglich in den unterschiedlichsten literarischen Gattungen bewährt hat...
Jury members
Kommission: Joachim Kalka, Friedhelm Kemp, Werner von Koppenfels, Roswitha Matwin-Buschmann, Lea Ritter-Santini, Michael Walter, Hans Wollschläger
Mitglieder des Erweiterten Präsidiums
Die Auszeichnung mit einem Preis, der mit dem Namen von Johann Heinrich Voß verbunden ist, zwingt einen Übersetzer zunächst zur kritischen Selbstbefragung über seine bisherige Arbeit. Voß übersetzte Homers große Dichtungen vor nunmehr 200 Jahren. Diese geniale Nachdichtung hat bis heute Glanz und Gültigkeit bewahrt. Wer von uns Heutigen wird solches für seine Übersetzungen beanspruchen dürfen? Gewiß, wir leben nicht mehr im Zeitalter der Postkutsche, alles ist schnellebiger geworden, wird rascher produziert und ist ebenso rascher dem Verschleiß unterworfen. Wir können nur unser Bestes geben, im vollen Wissen um die Relativität unserer Schöpfungen, was Breitenwirkung und Dauerhaftigkeit betrifft. So nehme ich diesen Preis mit der gebotenen Bescheidenheit entgegen, als eine nur in Maßen verdiente Ehrung und zugleich Ansporn und Ermunterung für künftiges Schaffen, so es mir Kraft und Gesundheit erlauben.
Mein herzlicher Dank richtet sich an die Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung, vor allem an die Jury dieser Institution, die mich dieser Auszeichnung für würdig erachtet hat. Ich danke meinem Freund und langjährigen Weggefährten auf dem Felde tschechischer und slowakischer Literatur Karl-Heinz Jähn für seine so freundliche Laudatio. Und ich danke, verspätet aber um so herzlicher, den Lektoren und Redakteuren der ehemaligen DDR- Verlage, die mir durch Auftrag und beratende Mitwirkung dazu verholfen haben, dem deutschen Leser tschechische und slowakische Literatur in beträchtlichem Maße nahezubringen.
Daß meine übersetzerische Tätigkeit in der DDR keine offizielle Anerkennung und Belohnung durch Preise und Medaillen fand, durfte mich nicht betrüben. Auch daß ich amtlicherseits niemals zu internationalen Fachkongressen und Symposien fahren durfte, mußte ich hinnehmen. Es geschah aus rein politischen Gründen, die mit der Qualität meiner Arbeit nichts zu tun hatten, sondern ausschließlich mit meinen reformsozialistischen und in der Folgezeit mit Zuchthaus bestraften Ambitionen und Aktionen. Daß mich nun das wiedervereinigte Deutschland für mein überwiegend in der DDR geleistetes übersetzerisches Werk ehrt, erfüllt mich mit doppelter Freude und großer Befriedigung.
Die neuerliche Verleihung eines literarischen Preises an einen ehemaligen DDR-Bürger ist ein nicht hoch genug zu schätzender Beitrag der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung zur kulturellen und mentalen Vereinigung der Deutschen, die der politischen und wirtschaftlichen folgen muß, soll das ganze Projekt nicht auf halbem Wege stocken. Ost und West in Deutschland sind Kategorien, die so bald wie möglich zu überwinden sind, auch wenn sie sich in manchen Köpfen zählebig halten und von gewissen politischen Kräften betoniert werden. Wir DDR-Übersetzer, um uns einmal so zu nennen, haben den Staat verloren, in dem wir gelebt und gearbeitet haben. Bis auf wenige Ausnahmen trauern wir ihm nicht nach, im Gegenteil, viele von uns haben aktiv dazu beigetragen, daß er im Herbst 1989 sang- und klanglos untergegangen ist. Wir sind froh und glücklich, nun in einem einigen Vaterland zu leben, das entschlossen den Weg nach Europa beschritten hat.
Aber uns sind auch die Verlage und Medien abhanden gekommen, für die wir tätig sein konnten, unsere Brötchengeber, um es salopp auszudrücken. Selbst die verbliebenen Verlage sind so geschrumpft, daß sich die Möglichkeiten, übersetzte Literatur an den Mann zu bringen, weitgehend vermindert haben. Dazu wirkt sich das zur Zeit geringe Interesse der Öffentlichkeit für osteuropäische, vornehmlich slawische Literaturen hemmend aus. Und so ist es mir ein Bedürfnis, von dieser Stelle aus einen Appell an die Verlage und Medien in ganz Deutschland, vor allem in den alten Bundesländern zu richten. Nicht um mich selber geht es mir dabei, ein Mann im 77. Lebensjahr sollte sich aufs Altenteil zurückziehen und das Feld den Jüngeren überlassen. Das möge nicht nur für die Übersetzer gelten, sondern auch für alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, auch für die Politik, wo man sich besonders schwer tut, besetzte Bastionen zu räumen.
Also an die Adresse der Verlage und Medien: Nutzen Sie mehr als bisher auch die Kenntnisse der Übersetzer aus der ehemaligen DDR über die osteuropäischen Literaturen und ihre gewachsenen Verbindungen in diese Länder! Nehmen Sie sie mehr als bisher unter Ihre Fittiche, lassen Sie sie mehr als bisher teilhaben an der Erkundung und Propagierung dieser Literaturen. Die Erweiterung der Europäischen Union nach dem Osten sollte uns mehr als bisher verpflichten, die Literatur und Kultur überhaupt der neuen Mitglieder unseren Bürgern zugänglich zu machen, in möglichst ganzer Breite, nicht nur auf Bestseller und Knüller beschränkt.
In diesem Sinne wünsche ich allen Anwesenden und allen, die uns zuhören, weiteres gedeihliches und erfolgreiches Wirken im Dienste der deutschen
Sprache und Literatur, und in nicht minderem Maße der internationalen, der Weltliteratur.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.